Learning Journey – Kann nachhaltig reisen auch Urlaub sein?

Wir wollen Urlaub mit maximalem Erlebnis, optimaler Entspannung und das möglichst weit weg (vom Alltag) bei 100% Sonnenschein und gleichzeitig wollen wir natürlich mit Blick auf die Zukunft möglichst nachhaltig dem Alltag entfliehen. Zwischen Wunschvorstellung und Realität – ist beides möglich?

Diese Frage stellten wir uns bei der digitalen Learning Journey rund um das Thema “Nachhaltig Urlauben”. Ziel dabei war es, neue Wege im Tourismus aufzuzeigen und darüber zu diskutieren, wie es in Zukunft anders und vor allem nachhaltig und verantwortungsvoll gehen, fahren und fliegen kann. Das Beste vom Reisen Hand in Hand mit Nachhaltigkeit.

Was verstehen wir unter nachhaltigen Tourismus eigentlich?  

Diese Frage stellten wir zu Beginn unseren Teilnehmer:innen: Viele Antworten hatten hier einen sehr eindeutigen Bezug dazu, mit welchem Gefährt wir uns in Richtung Urlaub begeben. Cornelia Kühhas von respect Responsible Tourism hatte dazu noch eine konkretere Definition, die sich auf folgende drei Säulen stützt: 

  • Fair zur Natur, Umwelt & Klima
    • Insbesonders klimafreundliche Mobilität, Klimagerechtigkeit, Erhaltung der Biodiversität und ressourcenschonende Betriebsführung.
  • Fair zu den Menschen
    • Insbesonders Achtung der Menschenrechte, faire Arbeitsbedingungen, Kinderschutz, Partizipation und Mitbestimmung, gute Lebensbedinungen für alle.
  • Fair zur regionalen Wirtschaft
    • Insbesonders Wertschöpfung in der Destination, Stärkung regionaler Wirtschaftskreisläufe, Tourismus nicht als einziges Standbein.

Also: „Tourismus ist nur zukunftsfähig, wenn er allen Beteiligten ein lebenswertes Auskommen ermöglicht und dabei die natürlichen sowie sozio-kulturellen Ressourcen verantwortungsvoll nutzt und künftigen Generationen erhält“ (Futouris, 2022).

So weit so gut, wie können aber konkrete Schritte und Maßnahmen aussehen, um das nachhaltige Urlaubsgefühl zu finden und Tourismus neu zu denken?

Mobilität, Urlaubsgefühl und Nachhaltigkeit in Einklang bringen 

Laut Eva Buzzi (ÖBB Rail Tours & Österreichischer Reiseverband) merkte man nach den COVID19-Lockdown Phasen und weiteren Lockerungen einen starken Anstieg in der Reiselust. Alle wollen wieder raus, alle wollen weg. Einig sind wir uns alle darüber, dass wir für Urlaub fernab von Balkonien und co Mobilität, in welcher Form auch immer, benötigen. Ohne Mobilität gibt es keinen Tourismus, jedoch entstehen derzeit rund 2/3 der CO2 Emissionen im Urlaub bei der An-/Abreise und den täglichen Bewegungen vor Ort. Auf lang oder kurz, waren sich die Speakerinnen einig, sollten Urlaubswege auf den ÖPNV verlagert oder durch einen Modal Split nachhaltiger gestaltet werden.

Braucht es die Autofahrt zum Flughafen? Kann ich auch mit dem Rad zum Strand, ganz ohne Leihauto? Bringt mich der öffentliche Verkehr genauso schnell von A nach B wie Taxis und Hotel Shuttle Service?

Vor allem bei Städtereisen ist hier sehr viel Potential gegeben durch Nachtzugangebote auf das Flugzeug, als starken CO2 Emittenten, zu verzichten. Was hier aber klar sein muss: Das aktuelle Angebot ist nicht ausreichend, als auch das Bewusstsein der Gesellschaft noch nicht ausreichend geschärft. Auch das 9 Euro Ticket kam zur Sprache, das mittlerweile 30% der deutschen Gesellschaft besitzen und eine Steigerung von 40% der Zugfahrgäste als vor COVID-Zeiten generiert. Wichtig ist hier,

  • dass die Komplexität der Reise gering gehalten werden muss und man „neue“ Zugfahrer:innen erst daran gewöhnen müssen, wie einfach es sein kann
  • nicht der Preis per se entscheidend ist 
  • und die Serviceleistungen sowie Kommunikation immer stimmen muss

so Lara Söring (Deutsche Bahn Vertrieb).

Aber auch hier zeigen Beispiele von „Horrorstorys“, dass der Ausbau der Bahninfrastruktur von Nöten ist. Dies benötigt aber eine Vorlaufzeit von 4-5 Jahre und der Mangel an Slots, sowie die Rollmaterialbeschaffung und Lieferzeiten der Hersteller, sind Hauptgründe für bestehende Missstände.

Die Reisebranche kommt zum Zug

Eva Buzzi zeigte klar auf, dass sich in der Reiseindustrie einiges ändern muss, um weiter eine tragende Rolle zu spielen. Nachhaltigkeit muss getrieben werden. Dh. die Reisebranche muss Lösungen präsentieren, um das Ziel der Emissionsreduktion um 40%, wie in Glasgow vereinbart, zu erzielen. Richtung, Beratung & Empfehlung an Tourist:innen und Kund:innen zu geben ist jetzt Hauptrolle von Reiseanbieter:innen, um Emissionsreduktion zu erreichen.

Was damit verbunden auch an Wichtigkeit gewinnt – die Kostenwahrheit der Verkehrsmittel und die transparente Kommunikation. Hier darf unsere Agenda 2030 als Wegweiser dienen, so Cornelia Kühhas. 

Laut Eva Buzzi sieht für Reiseanbieter:innen folgende Möglichkeiten:

  • Kompensation (Jedoch Wirkung nicht ideal und Projekte müssen sinnvoll gewählt werden)
  • Reduktion (über Verhaltensänderungen, aber auch gesetzliche Rahmenbedingungen)
  • Evaluation
  • Mutige (nachhaltige) Entscheidung treffen und überrascht sein vom Erfolg!
  • Der effektivste Klimaschutz ist der, wo wir CO2 reduzieren und nicht kompensieren. Wir müssen ganzheitlich vermeiden.

An wen orientiere ich Mobilität, die ich anbiete

Wo sich alle einig waren: Kund:innenwünsche müssen besser berücksichtigen werden, da nachhaltiges Reisen genauso so vielfältig ist, wie wir Menschen selbst. Wie auch im Vortrag von Nora Stehmann (Rennrad Bloggerin – Unicorn Cycling), welche gerne in Kombination von Rad und Bahn ihre Wege zurücklegt, angesprochen wurde. Gerade bei Radfahrer:innen gibt es verschiedenste Bedürfnisse abzudecken (vom Rennrad, über E-bikes und Radanhängern).

Das Reisen darf in Zukunft vielleicht wieder viel mehr als Erlebnis an sich und nicht nur Mittel zum Zweck gesehen werden. Diese Vielfältigkeit auch anzusprechen und die Bedürfnisse dahinter abzudecken braucht jedoch Zeit und realistische Ziele. Mobilitätskonzepte sollten jedenfalls nicht nur auf die Bedürfnisse der Tourist:innen zugeschnitten werden, sondern auch auf die der Einheimischen der Destinationen, um so auch längerfristig den regionalen ÖPNV zu stärken. Es sind innovative Konzepte gefordert!

Mobilität gemeinsam gestalten 
Eine Bewegung, um Mobilität nachhaltig zu verändern.